Wie keinem Romancier des 20. Jahrhunderts ist es Kafka gelungen, theatralische Inszenierung seinem dichterischen Schaffen dienstbar zu machen. Das Erkenntnisziel meiner Untersuchung ist ein doppeltes. Sie will erstens Kulturkritik Kafkas an der Modeme herauszuarbeiten. In diesem Rahmen werden, von einer Klarung der Frage nach der Stimme als medialem Phanomen ausgehend, deren Darstellungen in Kafkas Ir Iosefine, die Sangerin oder Das Volk der Mause, erortert. Zweitens soll mit Hilfe dieser Untersuchungen nachgewiesen werden, daß Kafka Kunst als der paradoxe Versuch von Erinnern und Vergessen auffasst, das Lebensweise des Volkes der Mause als Gegenbild zur Kunst zu erfassen. Sowohl in 『Josefine, die Sangerirr oder Das Volk der Mause』 als auch in 『Kaiserlicher Botschaft』 stellt die Stimme sich als asthetische Erfahrung negativ dar, die nicht eindeutig interpretierbar wird. Die Polyphonie als asthetische Erfahrung hat Kafka in den beiden Werken zum Thema gemacht. In meiner Untersuchung wurde dies prazisiert und dabei sich herausgestellt, was fur ein hervorragendes Theaterspiel Kafka im Schicksal beiden Helden inszeniert. In Kafkas 『Josefine, die Sangerin oder Das Volk der Mause』 laßt Kafka den Erzahler betonen: "es ist zum Verstandnis ihrer[Josefinens] Kunst notwendig, sie nicht nur zu horen, sondern auch zu sehn." Meine Untersuchung geht von der Frage aus, warum das Volk josefine als Sangerirr respektieren will, obwohl ihr Gesang nichts anderes als ubliches Pfeifen zu sein scheint. Dabei hat es sich gezeigt, daß die Sangerin josefine in ihrem Verhaltnis zu dem Volk eine wichtige Funktion erfullt, das arme Volk sich an verlorenen Gluck zu erinnern. Das arme Volk leidet unter der wirtschaftlichen und politischen Situation. Sie haben kaum Kinderzeit und Jugend erfahren. Sie werden in der feindlichen Welt gezwungen, zu fruh Erwachsene zu werden. Die Ursache dafur liegt vor allem in der Lebensweise. Es ist die Frage, warum ein Kind nicht Kind sein soll. Die Welt der Mause stellt nichts anderes als die modeme Kultur, in der wir leben, in der die Lust des Volkes, die vergessen und nicht erinnert wird, aber unbewußt sehnt. unterdruckt wird, dar. Zusammenfassend konnen wir festhalten, daß Kafkas Anspruch auf Autonomie der Kunst durch die Kunstfigur wieder an der sozialen Kontext angekoppelt wird. Kafka, der die Funktion der Kunst von Josefine an der Paradoxie von Erinnern und Vergessen zu demonstrieren versucht, deutet die Stimme als Medien des Gedachtnis. Dies laßt sich darauf schließen, daß das Schicksal der Sangerin als eine kleine Episode der ewigen Geschieht des Mausevolkes entlarvt. Die provozierende Erkenntnis des Schicksals der Kunstlerin im Gewand der Sangetin josefine liegt darin, daß zwischen der faktischen Wirklichkeit des Erwachsenen und dem verlorenen Kindesgluckes eine sichtbare Inkongruenz besteht, die mit Notwendigkeit zur Kulturkritik Anlaß gibt. Kafkas Darstllung der Stimme als Medien ist also nicht nur asthetisches Phanomen, sondern gehort in den sozialgeschichtlichen Zusammenhang des Abendlandes. An die Modeme, die durch die politische Rationalisierung, den wirtschaftlichen Fortschritt und die Logozentrismus der Aufklarung sich kennzeichnet, Kulturkritik zu uben, war zentrales Anliegen Kafkas.